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Willenskraft

Die Willenskraft. Teil 1.
Einleitung.

Afrika, 1887. Eine Erkundungsexpedition sucht seit Monaten nach einem Weg durch das Dickicht des Ituri-Waldes. Während sie hüfttief im Schlamm durch den Wald gehen, werden sie von Unmengen von Moskitos, Mücken und Ameisen angegriffen. Das gesamte Team ist körperlich und geistig erschöpft und leidet unter eitrigen Wunden, blutigen Blasen und Darmerkrankungen. Der Hunger ist ihr ständiger Begleiter.

Von den 359 Begleitern werden 150 nach 3 Monaten der Reise sterben. Nur ein Europäer und eine Handvoll begleitender Afrikaner werden bis zum Ende der Expedition überleben.

Der überlebte Europäer ist der Expeditionsleiter, der Journalist Henry Morton Stanley. Trotz allem bewahrt er die Ruhe. Jeden Morgen beginnt er mit der Rasur. Die Einheimischen haben ihm den Spitznamen Bula Matari (der, der Steine zermalmt) gegeben. In Europa galt er als ein Mann mit eisernem Willen. Wir werden noch auf ihn zurückkommen.

Die Willenskraft.

Egal, was behauptet wird, wir brauchen Willenskraft, um von schlechten zu gesunden Gewohnheiten zu wechseln. Wir kämpfen nicht gegen kriegerische afrikanische Stämme und unser Darm ist nicht von Parasiten befallen. Aber das macht unsere Versuchungen nicht weniger heimtückisch.

Um es gleich vorweg zu sagen: Jeder hat Willenskraft. Manche haben eine stärkere, manche eine schwächere. Das ist sozusagen das Merkmal eines denkenden Menschen. Willenskraft ermöglicht es uns, auf ein momentanes Vergnügen zugunsten einer Belohnung in ferner Zukunft zu verzichten. Heute esse ich zum Beispiel keinen Kuchen – und in einem Jahr werde ich ein „six pack“ haben, der mir die Leichtigkeit gibt. Oder so ähnlich. Kurz gesagt, wir brauchen sie. Sonst wird der Kuchen gewinnen!

Die Willenskraft ist direkt mit der Selbstdisziplin verbunden. Und die Selbstdisziplin wird von Psychologen auf der ganzen Welt als Grundlage für bessere Leistungen und Ergebnisse angesehen. Sie ist zum Beispiel der einzige Faktor, der sich positiv auf gute Noten bei Studenten und Arbeitsbeziehungen auswirkt. Je schwächer die Willenskraft, desto schlechter die Noten, das Verhalten und desto stärker die Neigung zu verschiedenen Suchten. Sei es Rauchen, Alkohol oder Kuchen.

Im ersten Teil dieser Serie werden wir uns ansehen, woher sie kommt, womit man sie isst und warum nicht mit Zucker. Für wie lange sie reicht, wie sie wieder aufgefüllt und gespart werden kann, werden wir im zweiten Teil betrachten.

Ich empfehle auch die Lektüre des Buches von Roy Baumeister und John Tierney „Die Macht der Disziplin“.

Woher kommt die Willenskraft?

Entgegen der landläufigen Meinung setzen wir unsere Willenskraft nicht so selten ein. In den Experimenten von Roy Baumeister und seinen Kollegen wurde festgestellt, dass wir sie 3 bis 4 Stunden pro Tag benutzen.

Wir verwenden sie hauptsächlich in vier Bereichen:

  1. Kontrolle unserer Gedanken (über unsere Gedanken nachdenken und unangemessene Gedanken verwerfen),
  2. Beherrschung unserer Emotionen (nicht jedem sagen, dass er ein Idiot ist),
  3. Den Versuchungen widerstehen (wie im Beispiel mit dem Kuchen),
  4. Konzentration auf eine bestimmte Aufgabe (insbesondere eine, die uns keinen Spaß macht)

Die Prozesse, die für die Willenskraft verantwortlich sind, laufen in den Frontallappen des Gehirns ab. Ich werde hier nicht auf diese Prozesse eingehen. Nennen wir sie einfach Magie im Kopf.

An dieser Stelle möchte ich nur sagen, dass beim Mensch unter den Primaten die Bereiche am größten sind.

Die Endlichkeit der Willenskraft.

An dieser Stelle möchte ich zwei wichtige Ergebnisse der Willenskraftforschung hervorheben:

  • Erstens: Willenskraft ist mit einem Muskel vergleichbar. Wenn wir uns also sehr anstrengen, wird dieser „Muskel“ müde. Wenn wir sie in einem Bereich verbraucht haben, steht die Willenskraft uns in anderen Bereichen nicht mehr zur Verfügung.
  • Zweitens: die Abhängigkeit der Willenskraft vom Blutzuckerspiegel. Wenn Sie Willenskraft einsetzen, sinkt Ihr Blutzuckerspiegel schnell. Sobald dieses Niveau einen bestimmten Punkt erreicht, schaltet das Gehirn auf Autopilot. Gleichzeitig bekommt man Lust auf etwas Süßes.

Diese Tatsachen erklären, warum wir uns nach einem anstrengenden Arbeitstag nicht dazu motivieren können, joggen zu gehen. Das erklärt auch, warum wir einem Kuchen nicht widerstehen können, den unser Kind auf dem Tisch gelassen hat.

Willenskraft aufladen.

Die Autoren des oben genannten Buches warnen davor, den Blutzucker und die Willenskraft durch den Verzehr von zuckerhaltigen Lebensmitteln aufladen zu wollen. Der Blutzuckerspiegel steigt bei solchen Lebensmitteln sehr schnell an, und der Körper ergreift Maßnahmen, um ihn zu senken. Infolgedessen ist die Situation nach einem kurzen Anstieg schlechter als zuvor.

Komplexe Kohlenhydrate und Fette sind dafür besser geeignet. Aber das beste Mittel, um Ihre Willenskraftreserven wieder aufzufüllen, ist Schlaf.

Im zweiten Teil werden wir anschauen, wie die Willenskraft gespart und entwickelt werden kann, damit wir uns in notwendigen Momenten auf sie verlassen können.

„Glück wird nicht wie Gold gesucht. Es kann nur von den Menschen erschafft werden, die genug Kraft, Wissen und Liebe haben.“

(Iwan Efremow, aus dem Buch „Die Rasierklinge“)